Syrien: Blackout der Medien angesichts neuer Enthüllungen
Am 6. April 2014 veröffentlichte die London Review of Books in seiner Onlineausgabe Seymour Hershs “Die Rote Linie und die Rattenlinie” oder “The Red Line and the Rat Line.” Hersh veröffentlicht Details rund um den inszenierten syrischen Giftgasangriff am 21. August, den fast jeder in Washingtons Geheimdienstbürokratie schon bald den Rebellen zuschrieb.
Pulitzerpreisträger Seymour Hersh machte in seiner über 40-jährigen Tätigkeit unter anderem das My-Lai-Massaker und seine Vertuschung publik, ebenso den Skandal um das Gefängnis Abu Ghraib. Im Artikel vom 19. Dezember „Whose Sarin?“ hatte er zuerst den Giftgasangriff als Fälschung entlarvt, wobei er von engen Kontakten zur US-Geheimdienstszene profitierte. Die Washington Post verweigerte die geplante Veröffentlichung und es folgte ein regelrechter Blackout in den amerikanischen Medien. Auch gegenwärtig finden Hershs neue Entdeckungen keine Erwähnung in den US-Mainstreammedien.
Hershs Bericht bestätigt folgendes:
- Obamas geplanter Angriff auf Syrien wurde in letzter Minute abgeblasen, nachdem allzu klar wurde, dass die syrische Regierung mit den Angriffen vom 21. August nichts zu tun hatte.
- Es war US-Regierungoffiziellen während des Sommers 2013 sehr wohl bekannt, dass der türkische Premier Erdogan die al-Nusra Front in ihren Bemühungen unterstütze, Sarin herzustellen.
- US-Militärs wussten schon vom Frühjahr 2013 an auch vom türkischen und saudischen Programm einer umfangreichen Sarinproduktion innerhalb Syriens.
- UN-Inspektoren wussten ebenfalls seit dem Frühjahr 2013, dass die Rebellen im Gefecht chemische Waffen verwendeten.
- In der Folge des inszenierten chemischen Angriffs ordnete das Weisse Haus die Bereitschaft für einen “Monsterangriff” auf Syrien an, der ein B-22-Geschwader, 1000 kg-Bomben sowie eine Zielliste beinhaltete, auf der neben militärischen auch zivile Ziele (Infrastruktur, diese wohlgemerkt in dichtbesiedelten Gebieten) standen.
- Der volle Angriff war für den 2. September geplant.
- Englische Militärs meldeten ihren amerikanischen Partnern aber im Vorfeld des Angriffs: “Wir wurden auf den Leim geführt”.
- CIA, MI6, Saudi Arabien, Katar und die Türkei installierten schon 2012 eine „Rattenlinie“, auf der lybische Waffen über die Türkei nach Syrien geschleust wurden, inklusive MANPADs; das US-Konsulat in Benghazi war das Hauptquartier für diese Operation.
- Obama segnete den türkisch-iranischen Betrug um Goldexport ab, der vom März 2012 bis Juli 2013 stattfand und der die Erdoganregierung beinahe zu Fall gebracht hätte.
- Die US-Geheimdienste hatten sofort nach dem 21. August schon Zweifel an der syrischen Verantwortung, wollten aber nur ungern dem Präsidenten widersprechen.
- Die US-Regierung möchte nicht die andauernde türkische Unterstützung von Terrorismus offenlegen, einfach „weil sie Nato-Mitglied sind“.
Zusätzlich brachte die freischaffende Nahostjournalistin Sara Elisabeth Williams die Geschichte eines CIA/US-Militärcamps heraus, in dem syrische Rebellen in der jordanischen Wüste trainiert werden. Das englische VICE brachte ihre Geschichte “I Learned to Fight Like an American at the FSA Training Camp in Jordan”, aber über den grossen Teich in die amerikanischen Medien schaffte sie es nicht, obwohl international Syrienexperten sie sehr wichtig fanden. Top-Syrienexperte Joshua Landis twitterte in den USA: „Sara Williams gelang der grosse Wurf – Geheimes FSA Trainingscamp in Jordanien.“ Diese junge mutige Freelance-Journalistin gewährte auch mit Fotos einen Einblick in diese geheime Einrichtung, doch der Mainstream bewahrte die Amerikaner sorgfältig davor, von diesem explosiven Report Kenntnis zu erhalten.
Im Emailkontakt berichtete Williams mir: „Der Zugang war schwierig, aber es war der Mühe wert. Es scheint mir wichtig, dass die Leute wissen, was ihre Regierung in ihrem Namen und mit ihren Steuern machen.“
Gemäss ihren Enthüllungen gilt:
- Bestätigt: “US-betriebenes Trainigscamp“ für syrische Rebellen in Nordjordanien
- Die Rebellen-Rekruten gehen in geheime abgeschottete Trainingscamps.
- Rebell: “Die Amerikaner, die uns unterrichteten, trugen Militäruniformen, die nicht zuzuordnen waren. Wie sprachen sie mit ihren Vornamen an und sie redeten Englisch mit uns.“
- Im Camp gab es “amerikanisches Essen und amerikanische Dollar” im Überfluss: die Rekruten essen Kentucky Fried Chicken und wohnen in mobilen Wohneinheiten.
- Die Rekruten durchlaufen ein intensives 40-Tage-Programm, das Übung und Training in Antipanzerwaffen einschliesst, in einer bootcampartigen Atmosphäre unter dem Kommando der US-Militärausbilder.
- Nach Abschluss gehen die US-trainierten Aufständischen wieder über Syriens südliche Grenze zurück.
- Laut Experten gibt es mehrere solcher Camps.
- Amerikanisch trainierte Rebellen sagen: “Amerika profitiert von der Zerstörung und vom Töten, indem es beide Seiten schwächt.“
Brad Hoff diente als Marine von 2000 – 2004. Nach seinem Militärdienst lebte, studierte und reiste er von 2004 – 2010 in ganz Syrien. Er unterrichtet gegenwärtig in Texas.
Artikel auf Englisch: Media Blackout over Syria
Übersetzung: Stefan Abels