Propaganda im Jugoslawienkrieg
Der Jugoslawienkrieg in den 1990er Jahren war ein klassischer imperialer Krieg zur Neuordnung Süd ost europas. Die USA setzten dafür unter anderem auch jene Milizen ein, mit denen sie zuvor in Afghanistan die UdSSR bekämpften, und die sie später »Al Kaida« nennen sollten.
Die politische und mediale Propaganda zum Jugoslawien krieg ist inzwischen gut erforscht. Interes santer weise versuchen dennoch zahlreiche Medien und Kommentatoren bis heute an der offiziellen Darstellung von damals festzuhalten, im Unterschied etwa zum Irak krieg.
Hierfür mag es verschiedene Gründe geben. Einerseits stammt die fragliche Propaganda noch aus der Frühzeit des Internets und ist deshalb in der Öffentlichkeit im Allgemeinen etwas weniger bekannt. Andererseits sind die Implikationen für Europa in diesem Fall besonders groß.
Aus heutiger Sicht ist es freilich eine triviale Feststellung, dass gewisse Medien den Jugo sla wien krieg der NATO unterstützten, doch damals glaubten selbst Kritiker noch an ein mediales »Versagen«, zumal die entscheidenden Medienstrukturen noch nicht allgemein bekannt waren.
Aus Schweizer Perspektive ist ferner die tragische Rolle der UNO-Chef an klägerin hervor zu heben, die vermutlich bis heute nicht realisiert hat, wofür sie in Den Haag letztlich eingespannt wurde.
Es folgt eine Übersicht der bekanntesten Propagandabeispiele aus dem Jugoslawienkrieg sowie Hinweise auf weiterführende Literatur und Dokumentationen.
1. Das serbische »Todeslager« (1992)
Eines der bekanntesten Propagandabeispiele aus dem Jugoslawienkrieg ist das angebliche serbische Todeslager von Trnopolje in Bosnien. Dabei besuchten drei britische Journalisten im August 1992 ein Flüchtlingslager, dessen Insassen betonten, sehr gut behandelt zu werden (siehe unten).
Die Journalisten begaben sich indes auf ein abgesperrtes Trafo-Areal direkt neben dem Flüchtlings lager und filmten die Männer durch einen Stachel draht zaun hindurch, was den Eindruck erweckte, die Männer seien eingesperrt. Sodann baten die Journalisten einen aufgrund von Krankheit oder kriegsbedingter Mangelernährung abgemagerten Mann, sein T-Shirt auszuziehen.
Das so entstandene Foto landete – sorgfältig zurecht geschnitten – auf den Titelseiten der meisten westlichen Medien als »Beweis« für serbische »Todeslager«, die wiederum als Begründung für die nachfolgende NATO-Intervention in Bosnien dienten, beginnend mit einer Flugverbotszone.
Der deutsche Journalist, der die Täuschung 1997 aufdeckte, wurde von den britischen Journalisten wegen Verleumdung verklagt und verurteilt, da er Ihnen keine Absicht nachweisen konnte.
Der Chef einer amerikanischen PR-Agentur, die die Falschmeldung der Todeslager aktiv verbreitete, erklärte in einem späteren Interview: »Wir sind Professionals. Wir hatten einen Auftrag und wir erledigten ihn. Wir sind nicht dafür bezahlt, moralisch zu sein.«
Ausschnitt aus dem Film Yugoslavia: The Pictures that Fooled the World (2000)
TV, Presse und Lageplan zum Lager bei Trnopolje
2. Die Marktplatz-Massaker in Sarajewo (1992-1995)
Ein weiteres bekanntes Propaganda beispiel sind die sogenannten Marktplatz-Massaker in Sarajewo, darunter insbesondere das Bäckerei-Massaker vom Mai 1992 sowie die beiden Markale-Massakervom Februar 1994 und August 1995.
Diese Massaker erfolgten durch Granatenbeschuss (oder Bombenexplosionen) und fanden zumeist kurz vor wichtigen politischen Beratungen der UNO oder EU statt. Sie führten letztlich zu einem direkten militärischen Eingreifen der NATO und damit zur Wende im Bosnienkrieg.
In den oben genannten sowie einigen weiteren Fällen kamen Untersuchungen durch Offiziere der UNO-Schutzmission zum Ergebnis, dass diese Massaker wahrscheinlich von der bosnischen Seite auf ihre eigene Bevölkerung verübt wurden (sogenannter False-Flag-Angriff).
Die entsprechenden UNO-Berichte wurden jedoch geheim gehalten. Stattdessen behaupteten amerikanische Medien – insbesondere CNN – sowie die US-Regierung meist innerhalb von wenigen Stunden, dass der jeweilige Angriff vermutlich von serbischer Seite erfolgt sei.
Im Folgenden finden sich die wichtigsten Artikel aus der damaligen Zeit von Journalisten, die die geheim gehaltenen UNO-Berichte einsehen oder mit Beteiligten darüber sprechen konnten:
- Bosnia bread queue massacre was propaganda ploy, UN told (Independent, 1992)
- Dateline Yugoslavia: The Partisan Press (Peter Brock, Foreign Policy, 1994, Archiv)
- Anatomy of a Massacre (David Binder, Foreign Policy, 1994, Archiv)
- Bosnia’s Bombers (David Binder, The Nation, 1995, Archiv)
- Senior official admits to secret U.N. report on Sarajevo massacre (DPA, 1996, Archiv)
Als der Auslandschef der Schweizer Weltwoche den obigen Text von Peter Brock unter dem Titel »Bosnien: So logen Fernsehen und Presse uns an« 1994 auf Deutsch veröffentlichte, gab es derart starke Proteste durch andere Medien, dass er ein vorläufiges Schreibverbot zu Bosnien erhielt.
Zwanzig Jahre später wurden die bosnischen Markale-Massaker von 1994/95 wieder in Erinnerung gerufen, als sich Giftgas-Angriffe im Rahmen des Syrienkrieges als inszeniert herausstellten und wie damals Unter suchungs ergebnisse der UNO bzw. OPCW unterdrückt wurden.
Das Markale-Massaker vom Februar 1994 (Quelle: BBC, The Death of Yugoslavia, 1995)
3. Der »Genozid von Srebrenica« (1995)
Als trauriger Höhepunkt des Bosnienkriegs gilt der »Genozid von Srebrenica« im Juli 1995. Dabei sollen laut westlichen Angaben mehr als 8000 bosnische Zivilisten umgebracht worden sein.
Auch in diesem Fall deutet die tatsächliche Evidenz jedoch auf einen komplexeren Sachverhalt und Kontext hin. Der Politologe Edward Herman und der ehemalige CIA-Offizier Robert Baer, der damals in Jugoslawien operierte, sprachen in diesem Zusammenhang sogar von einem »Betrug«.
Für weitere Details sei beispielsweise auf folgende Artikel und Bücher verwiesen:
- The Politics of the Srebrenica Massacre (Edward S. Herman, Global Research, 2005)
- Srebrenica Revisited (Diana Johnstone, Essay, Counterpunch, 2005)
- Srebrenica: A Town Betrayed (Norwegische Dokumentation, 60 Minuten, 2010)
- The Srebrenica Massacre: Evidence, Context, Politics (Edward S. Herman, Buch, 2011)
- DE: Nobelpreis für einen »Genozid-Leugner« (Michael Ewert, Telepolis, 2019)
Generell müssen auch Ereignisse mit sehr hohen berichteten Opferzahlen bisweilen kritisch hinter fragt werden. Dies zeigte etwa das »Timisoara-Massaker« von 1989 mit angeblich 4630 Toten, das sich später als psychologische Operation im Rahmen der rumänischen Revolution herausstellte.
Srebrenica: A Town Betrayed (60 Minuten, 2010, Wikipedia)
4. Kosovo: »Hufeisenplan«, Račak und Rogovo, etc. (1999)
Nach der Abtrennung von Slowenien, Kroatien und Bosnien starteten die USA und die NATO 1999 einen weiteren Krieg gegen das verbleibende Jugoslawien bzw. Serbien zur Abtrennung der Provinz Kosovo. Auch dieser Krieg musste durch Propaganda und Desinformation begründet werden.
Hierzu wurden insbesondere angebliche Vertreibungspläne, Konzentrationslager und Massaker medial thematisiert, die sich später jedoch als erfunden oder fragwürdig herausstellten. Beispiele hierfür sind etwa der angebliche »Hufeisenplan« sowie die Vorfälle von Račak und Rogovo.
Für weitere Details wird im Folgenden die WDR-Doku »Deutschlands Weg in den Kosovo-Krieg – Es begann mit einer Lüge« von 2001 gezeigt. Diese belegt, dass westliche Politiker und Militärs die Falschinformationen bewusst veröffentlichten, um den Krieg legitimieren zu können.
Deutschlands Weg in den Kosovo-Krieg – Es begann mit einer Lüge (WDR, 2001) Dokumentation zur Sendung (AKF Heidelberg)