Nicht in unserem Namen! Eine wütende deutsche Stimme spricht sich gegen die Mitschuld Deutschlands am Völkermord im Gazastreifen aus
Alle Artikel von Global Research können in 51 Sprachen gelesen werden, indem Sie die Schaltfläche „Website übersetzen“ unter dem Namen des Autors aktivieren (nur in der Desktop-Version verfügbar).
Um den täglichen Newsletter von Global Research (ausgewählte Artikel) zu erhalten, klicken Sie hier.
Klicken Sie oben auf die Schaltfläche „Teilen“, um diesen Artikel per E-Mail an Ihre Freunde und Kollegen weiterzuleiten. Folgen Sie uns auf Instagram und Twitter und abonnieren Sie unseren Telegram-Kanal. Fühlen Sie sich frei, Artikel von Global Research erneut zu veröffentlichen und mit anderen zu teilen.
Globale Forschungsempfehlungskampagne: Unsere Leser sind unsere Lebensader
***
Deutschland beteiligt sich aktiv am Völkermord der israelischen Streitkräfte im Gaza-Streifen, so lautet die Anklage Nicaraguas vor dem Internationalen Gerichtshof. Und ich habe in der Schule gelernt, dass ich Widerstand leisten muss, wenn sich vor meinen Augen ein Völkermord ereignet.
Ich erkenne mein Deutschland nicht wieder.
Jetzt wird doch erneut von „Kriegstauglichkeit“ schwadroniert. Da soll schon wieder gegen Osten marschiert werden.
Und das sollen wir doch bitte keine Feigheit vor dem Feind zeigen.
Wir müssen noch mehr Opfer bringen für die deutschen Rüstungsanstrengungen. Härte! Unerbittliche Härte!
Die Leute, die so daher schmettern, haben keine Bürstenfrisur und tragen keine Knobelbecher. Es sind die selben Leute, die eben noch von Verständigung, Toleranz und Frieden gesungen haben. Es sind Leute, die sich vor geraumer Zeit noch für einen respektvollen Umgang mit anderen Völkern und Ethnien ausgesprochen haben.
Und jetzt haben wir diese unreife Göre als Chefin des altehrwürdigen Auswärtigen Amtes, die sich imperialistischer, rassistischer und kolonialistischer aufführt als alle deutschen Außenminister vor ihr. Was ja auch unweigerliche zur Folge hat, dass Länder der Südhalbkugel Frau Baerbock das eigentlich unerlässliche diplomatische Protokoll verweigern. Aber ich will mich nicht weiter mit jener Verkörperung aller Peinlichkeit abgeben. Man kann ja grüne Politiker beschimpfen so viel man will. Man trifft hier jedoch immer nur die Schießbudenfiguren, auf die der Volkszorn losrennt, während sich die tatsächlichen Drahtzieher dieser Misere entspannt zurücklehnen können.
Immerhin haben über sechshundert Ministerialbeamte eine öffentliche Erklärung abgegeben, in der sie gegen die Unterstützung des Völkermords im Gazastreifen protestieren.
Die Unterzeichner dieser Erklärung haben sich nicht mit Klarnamen vorgestellt. Kann man denn auch im Ernst noch erwarten, dass diese Leute sich outen? Nach all den Akten der feudalistischen Willkür, die wir in der schweren Corona-Zeit erlebt haben? Wo Richter strafrechtlich verfolgt und zu Hause einer Durchsuchung unterzogen wurden, nur weil sie ein unpassendes Gerichtsurteil gefällt haben? Wo der Leiter eines Gesundheitsamtes strafversetzt wurde, weil er dem offiziellen Narrativ über eine Pandemie widersprochen hat? Nein, die sechshundert Ministerialbeamten haben es vollkommen richtig gemacht. Der zweckentfremdete Staatsapparat weiß, dass in seinen Reihen noch mutige Selbstdenker sitzen. Und dass die Usurpatoren unseres Staatsapparates sich vorsehen müssen. Solange die Dissidenten im Staatsapparat anonym bleiben, können sie im entscheidenden Augenblick im Sinne des Grundgesetzes intervenieren. Und zwar zugunsten des Gemeinwohls, wie sie es dereinst geschworen haben. Es gibt diese anständigen Volksdiener mit Rückgrat, und zwar im Militär, bei der Polizei, in der Justitz und im Regierungsapparat. Und, wie wir wissen, mittlerweile auch bei den Öffentlich-Rechtlichen Medien.
Und die sechshundert Aufrechten im Öffentlichen Dienst adressieren ihren Offenen Brief an die wichtigsten Mitglieder der Bundesregierung und sagen ihnen:
„… wir richten uns an Sie, weil wir als Bundesbeamtinnen und Angestellte im öffentlichen Dienst den Fundamentalprinzipien des Grundgesetzes verpflichtet sind. Artikel 25 Satz 1 Grundgesetz erteilt einen generellen Rechtsanwendungsbefehl in Bezug auf das Völkerrecht. Diese Vorschrift bewirkt nach Aussage des Bundesverfassungsgerichts, dass ‚die allgemeinen Regeln des Völkerrechts ohne ein Transformationsgesetz, also unmittelbar, Eingang in die deutsche Rechtsordnung finden und dem deutschen innerstaatlichen Recht im Range vorgehen.‘ Israel begeht in Gaza Verbrechen, die im evidenten Widerspruch zum Völkerrecht und damit zum Grundgesetz stehen, dem wir als Bundesbeamtinnen und Angestellte im öffentlichen Dienst verpflichtet sind. Die Bundesrepublik Deutschland unterstützt politisch, wirtschaftlich und militärisch die völkerrechtswidrige Politik Israels in Gaza und den weiteren völkerrechtswidrig besetzten palästinensischen Gebieten. Es ist daher unsere Pflicht als Beschäftigte des Bundes, diese Politik der Bundesregierung zu kritisieren und daran zu erinnern, dass die Bundesregierung strikt die Verfassung und das Völkerrecht zu beachten hat.“[1]
Nochmal im Klartext: die Bundesregierung kann sich so viele Gesetze und Verordnungen aus den Fingern saugen wie sie will. Sie alle sind nichtig, wenn sie nicht mit übergeordnetem Völkerrecht vereinbar sind. Schlimm, wenn man die Bundesregierung von außen her dersrt deutlich daran erinnern muss. Der Offene Brief verweist darauf, dass der Gaza-Streifen mit seinen etwa zwei Millionen Bewohnern seit dem 7. Oktober letzten Jahres von den israelischen Streitkräften so sehr in Schutt und Asche gebombt worden ist, dass ein Leben dort de facto nicht mehr möglich ist. Das hat den Internationalen Gerichtshof am 26. Januar dieses Jahres dazu veranlasst, die Handlungen der israelischen Streitkräfte im Gaza-Streifen als „plausible Akte des Völkermords“ zu verurteilen.
Wir müssen uns mal klar machen, dass es sich beim Krieg im Gaza-Streifen nicht um einen so genannten „symmetrischen Krieg“ handelt – also einem Krieg, in dem zwei in etwa gleich stark ausgerüstete Streitkräfte auf dem Schlachtfeld gegeneinander kämpfen. Nein, beim Gaza-Krieg handelt es sich um einen „asymmetrischen Krieg“: eine voll ausgerüstete und armierte Armee bekämpft eine wehrlose Zivilbevölkerung – bis diese Zivilbevölkerung entweder flüchtet oder vollständig vernichtet ist. Das Argument des Netanyahu-Regimes, man bekämpfe auf symmetrische Art eine Hamas-Armee, überzeugt nicht. Zwar hat die Hamas in den unterirdischen Tunneln eine Art von Rest-Vegetieren behaupten können. Militärisch spielt die Hamas – abgesehen von ein paar Heckenschützen-Angriffen auf vereinzelte israelische Soldaten – überhaupt keine Rolle. Potentiell und verbal verbündete Streitkräfte der Hisbollah oder des Irans halten sich bislang aus Angst vor den israelischen Atombomben weitgehend bedeckt.
Die Unterstützung der ukrainischen Streitkräfte durch Deutschland nimmt wenigstens noch Bezug auf die symmetrische Konstellation zweier angeblich gleich starker Streitkräfte, die einen Abnutzungskrieg führen. Demgegenüber ist bei der Unterstützung des israelischen asymmetrischen Krieges gegen palästinensische Zivilisten durch Deutschland die Rote Linie des Völkerrechts eindeutig überschritten. Eine Klage des Staates Nicaragua gegen Deutschland aus genau diesem Grund wird von den deutschen Anwälten beim Internationalen Gerichtshof rotzfrech als „haltlos“ zurückgewiesen. Die Mitarbeiter der öffentlich-rechtlichen Tagesschau können dieser Tatsache in ihrer Berichterstattung im Kern auch nicht widersprechen. Sie verlegen sich auf die beliebte Methode des Framings: wenn Nicaragua in der Sache unzweifelhaft Recht hat, dann muss diese Klage zumindest diskreditiert werden, indem man die Regierung Nicaraguas als „autoritär“ brandmarkt[2]. Dazu sei angemerkt, dass die Regierung Ortega durch freie und korrekte Wahlen in die Verantwortung gelangt ist.
Das Framing hilft aber rein gar nichts. Denn das angesehene schwedische Institut SIPRI hat festgestellt, dass fast allen Regierungen der Welt das Gebaren der israelischen Streitkräfte seit vielen Jahren so anrüchig vorgekommen ist, dass sie sich dezent aus dem Waffengeschäft mit Israel verabschiedet haben[3]. Es sind nur zwei bedingungslose Unterstützer der israelischen Aufrüstung übrig geblieben. Raten Sie doch mal bitte, wer die beiden sein könnten. Richtig: die USA war im Jahre 2023 mit 53 Prozent der größte Waffenlieferant der israelischen Streitkräfte. Ganz dicht gefolgt von der Bundesrepublik Deutschland, mit zuletzt 47 Prozent der Waffenimporte Israels. Und weil sich andere Länder weigern, Waffen an Israel zu liefern, hat sich der Anteil deutscher Ausrüstungslieferungen an Israel vom Jahre 2022 auf 2023 sage und schreibe verzehnfacht!
Dazu kommt, dass die Bundesregierung die Zahlungen an die Flüchtligsorganisation UNRWA einstweilen eingefroren hat[4]. Nicht für die 2,4 Millionen heimatvertriebenen Palästinenser in Jordanien, die teilweise in elenden Lagern seit Generationen vor sich hin vegetieren. Und auch nicht für deren 600.000 Leidensgenossen in Syrien, oder die halbe Million Leidensgenossen im Libanon[5]. Nein. Sondern ausdrücklich das Hilfsgeld für die zwei Millionen Palästinenser, die im Gaza-Streifen zusammengedrängt sind und jeden Augenblick mit ihrer Auslöschung rechnen müssen. Die keine Nahrung, keine Medizin, keine Krankenhäuser, keine Schulen und keine Universitäten haben. Und kein Dach über den Kopf. Selbst Trinkwasser ist nicht mehr ausreichend vorhanden. Das Hilfsgeld für diese unsere Mitmenschen im Gaza-Streifen hält die gloriose deutsche Bundesregierung konsequent zurück. Anders wie die Europäische Union, Spanien, Kanada, Schweden, Irland, Dänemark oder Australien, die ihre Hilfsgelder zwar kurzfristig eingefroren haben, jetzt aber ihre Hilfszahlungen sogar erhöht haben. Nur Deutschland hält treu an der weiteren Aushungerung der Palästinenser fest. Ich befinde mich gerade in Spanien. Die deutsche Haltung ist niemandem hier zu vermitteln.
Selbst der Tagesschau-Korrespondent Thilo Spanhel in Kairo versucht tapfer, der deutschen Filterblase ein bisschen abzuhelfen, indem er berichtet, dass das deutsche Ansehen durch die letzten Alleingänge in der Gaza-Frage massiv und nachhaltig ruiniert ist[6]. Hier ist, wie ich schon sagte, eine rote Linie überschritten worden von der aktuellen Bundesregierung. Und keiner soll hier bitte den Eindruck erwecken, eine mögliche neue Regierungskoalition als Nachfolgerin der Ampel würde in der Gaza-Frage anders handeln. Man möge sich doch bitte nur mal die X-Twitter-Verlautbarungen von prominenten Politikern der Opposition anschauen, um in dieser Frage von allen Illusionen geheilt zu sein.
Dagegen haben sich alle früheren deutschen Politiker durch Augenmaß und Bescheidenheit in der Nahost-Problematik ausgezeichnet. Da war zum Beispiel der legendäre SPD-Politiker Hans-Jürgen Wischnewski, der immer wieder erfolgreich zwischen Arabern und Israelis vermittelt hat und deswegen den zärtlichen Spitznamen „Ben Wisch“ zuerkannt bekam. Oder der ehemalige FDP-Außenminister Guido Westerwelle, der sich in der entscheidenden Sitzung des UNO-Weltsicherheitsrates zwar nicht gegen einen völkerrechtswidrigen Überfall auf den libyschen Staatschef Gaddhafi aussprechen konnte, aber mit seiner Stimmenenthaltung gerade der arabischen Welt signalisierte, dass Deutschland den Überfall missbilligt, dass er als Außenminister einer amerikanischen Kolonie aber nur mit einer Enthaltung antworten kann[7]. Das kam an. Auch die Araber wussten, dass Deutschland aufgrund seiner besonderen Vorgeschichte einen Tanz auf rohen Eiern aufführen musste. Die besondere deutsche Vorgeschichte beinhaltet aber auch, dass Deutschland seit dem Ende des Ersten Weltkriegs über keine Kolonien verfügt. Und während die Wut in der Dritten Welt über die Kolonialmächte Frankreich und Großbritannien bis heute überall zu spüren ist, haben die Deutschen sich durch ihr gleichermaßen bescheidenes, kompetentes und menschliches Auftreten in diesen Ländern über die Jahrzehnte ein hohes Ansehen erworben. Die Deutschen können ohne viel Gelaber viele Dinge gut organisieren. Das hört man überall. Das kann auch durch noch so viel transatlantische Umerziehungspropaganda nicht verleugnet werden. Die Deutschen als respektvolle Partner und als Menschen, die gut zuhören können. Das hat uns unter anderem gute Geschäftsbeziehungen eingebracht auf Zukunftsmärkten. All das ist jetzt durch die Unterstützung des Völkermordes in Palästina in wenigen Monaten zertrümmert worden.
Es soll hier nicht der Eindruck entstehen, als ginge es nur um gute Geschäfte. Das unbeschreibliche Elend unschuldiger Menschen ist unerträglich! Und dass wir mit unseren immerhin nicht gerade geringen Steuergeldern dieses Leiden noch verstärken müssen, geht gar nicht. Wir müssen unsere Stimme deutlich erheben: diese Verbrechen gegen das Völkerrecht geschehen nicht in unserem Namen! Und was wir tun, hat nichts mit „Antisemitismus“ zu tun. Die überwältigende Mehrheit aller Juden weltweit verurteilt die Verbrechen der Netanyahu-Regierung auf das Schärfste und diese mutigen Menschen artikulieren ihren Protest auf der Straße. Lassen wir diese Mitmenschen jetzt nicht im Stich. Ausgerechnet in der Gaza-Frage müssen wir nun wirklich keinen deutschen Sonderweg gehen. Erinnern wir uns doch noch mal, was wir in der Schule dereinst gelernt haben: wenn sich vor unseren Augen noch einmal ein Völkermord ereignet, dann ist es erste Bürgerpflicht, uns diesem Verbrechen zu widersetzen.
*
Hinweis für Leser: Bitte klicken Sie oben auf die Schaltfläche „Teilen“. Folgen Sie uns auf Instagram und Twitter und abonnieren Sie unseren Telegram-Kanal. Fühlen Sie sich frei, Artikel von Global Research erneut zu veröffentlichen und mit anderen zu teilen.
Anmerkungen
[2] https://www.tagesschau.de/ausland/europa/deutschland-nicaragua-klage-102.html
[3] https://counter-investigations.org/investigation/german-arms-exports-to-israel-2003-2023
[4] https://www.tagesschau.de/ausland/asien/stopp-finanzierung-unrwa-100.html
[6] https://www.tagesschau.de/ausland/asien/nahost-krieg-rolle-deutschland-100.html