Leo N. Tolstoi: „Rede gegen den Krieg.“ Aufruf an die Menschen: „Du sollst nicht töten!“
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Leo Tolstoi, eigentlich Lew Nikolajewitsch Graf Tolstoi (1828-1910), gilt bis heute unbestritten als einer der bedeutendsten Literaten und Intellektuellen der Literaturgeschichte. Seine Hauptwerke sind die realistischen Romane „Anna Karenina“ und „Krieg und Frieden“. Mit ihnen wurde er auf der ganzen Welt bekannt. Tolstoi verfasste auch Bücher, die das zaristische Russland kritisierten sowie Lesebücher für die Schulkinder.
Da er sich für die Reformpädagogik engagierte, war es sein Anliegen, den russischen Bauernkindern Werte zu vermitteln. Sie sollten wissen, wie sie sich sozial und moralisch richtig zu verhalten hatten. Mit diesen Ideen war er in Russland ein Vorreiter, erhielt für seine Bemühungen aber vor allem im Ausland viel Anerkennung.
Tolstoi war kein Verfechter der Diktatur des Proletariats, er hatte andere Ideen. Deshalb war die Oktoberrevolution 1917, die nach seinem Tod stattfand, wohl nicht in seinem Sinne. Er war der Meinung, dass die etablierten zaristischen Funktionäre nicht durch sozialistische ersetzt werden dürften, da sonst alles beim Alten bliebe.
Viele Sprüche Tolstois sind legendär. Zu seinen besten gehören sicherlich seine Aussagen über den Menschen, Gott, das Leben, die Vernunft und die Liebe. So soll er gesagt haben:
„Das wichtigste Ziel ist das Jetzt, der wichtigste Mensch ist der Nächste, mit dem ich jetzt spreche; die wichtigste Tat ist, dem Nächsten Gutes zu tun.“ (1)
Hier schließt sich auch seine „Rede gegen den Krieg“ von 1909 an, in der er schrieb:
„Geliebte Brüder! Wir haben uns hier versammelt, um gegen den Krieg zu kämpfen. (…) Deshalb möchte ich unserer Versammlung den Vorschlag machen, einen Aufruf an die Menschen sämtlicher Völker und besonders der christlichen Völker zu verfassen und zu veröffentlichen, worin wir klar und geradeheraus sagen, was zwar alle wissen, was aber niemand oder so gut wie niemand sagt: nämlich, dass der Krieg nicht, wie das jetzt die Menschen vorgeben, irgendeine besonders wackere und lobenswerte Sache sei, sondern dass er, wie jeder Mord, eine abscheuliche und frevelhafte Handlung ist, und zwar nicht nur für die, welche die militärische Laufbahn aus freien Stücke wählen, sondern auch für die alle, die sich ihr aus Furcht vor Strafe oder um eigennütziger Interessen willen widmen.“ (2)
Etwas später fährt er mit folgenden Worten fort:
„Wir müssen sagen, was alle wissen und nur nicht zu sagen wagen, wir müssen sagen, dass, wenn die Menschen dem Mord einen noch so veränderten Namen geben, der Mord immer nur Mord bleibt – eine frevelhafte, schmachvolle Tat. Und man braucht nur klar, bestimmt und laut, wie wir das hier zu tun vermögen, dies zu sagen, und die Menschen werden aufhören zu sehen, was sie zu sehen vermeinten und werden erblicken, was sie in Wirklichkeit sehen. Sie werden aufhören, im Krieg den Vaterlandsdienst, den Heldenmut, den Kriegsruhm, den Patriotismus zu sehen, und werden sehen, was da ist: die nackte, frevelhafte Mordtat. Und wie die Menschen das sehen, wird dasselbe geschehen, was in dem Märchen geschah: diejenigen, die die Freveltaten üben, werden sich schämen, diejenigen aber, die sich eingeredet haben, dass sie im Mord keine Frevelhaftigkeit sehen, werden sie jetzt gewahr werden, und werden aufhören, Mörder zu sein. (…)“ (3)
Tolstoi schließt seine Rede, indem er begründet, warum er so gesprochen hat:
„Das ist alles, was ich sagen wollte. Es wäre mir sehr leid, wenn ich jemanden beleidigt, gekränkt oder böse Gefühle in ihm erweckt hätte. Doch wäre es für mich, einem 80jährigen Greis, der jeden Augenblick des Todes gewärtig ist, eine Schande, nicht ganz offen die Wahrheit zu sagen, wie ich sie verstehe, die Wahrheit, die nach meiner festen Überzeugung allein die Menschen von den unseligen Drangsalen zu erretten vermag, die der Krieg hervorbringt und unter denen sie leiden.“ (4)
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Dr. Rudolf Lothar Hänsel ist Lehrer (Rektor a. D.), Doktor der Pädagogik (Dr. paed.) und Diplom-Psychologe (Schwerpunkte: Klinische-, Pädagogische- und Medien-Psychologie). Als Pensionär arbeitete er viele Jahre als Psychotherapeut in eigener Praxis. In seinen Büchern und pädagogisch-psychologischen Fachartikeln fordert er eine bewusste ethisch-moralische Werteerziehung und eine Erziehung zum Gemeinsinn und Frieden.
He is a regular contributor to Global Research.
Noten
[1] https://www.leotolstoi.de/
[2] Tolstoj, Leo N. (1983). Rede gegen den Krieg. Politische Flugschriften. Herausgegeben von Peter Urban. Insel Verlag. Frankfurt am Main, S. 163 und 167
[3] a. O., S. 169f.
[4] a. O., S. 170
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