Israel und Libyen: Afrika soll auf »Kampf der Kulturen« vorbereitet werden
Unter der Präsidentschaft Obamas haben die Vereinigten Staaten den »langen Krieg« [des 21. Jahrhunderts, den »weltweiten Krieg gegen Terrorismus«] nach Afrika getragen. Barack Hussein Obama, der sogenannte »Sohn Afrikas« hat sich zum schlimmsten Feind Afrikas gewandelt. Neben seiner anhaltenden Unterstützung für afrikanische Diktatoren wurde die Republik Elfenbeinküste unter seiner Ägide zerstört. Die Teilung des Sudan wurde schon vor dem Referendum vom Weißen Haus öffentlich unterstützt, die Destabilisierung Somalias schritt weiter voran, Libyen wurde von der NATO brutal und vorsätzlich angegriffen und das amerikanische militärische Regionalkommando für Afrika (AFRICOM) läuft auf Hochtouren.
Der Krieg in Libyen ist nur der Beginn einer neuen Reihe ausländischer Militäroperationen in Afrika. Die USA wollen die Zahl ihrer Militärstützpunkte in Afrika erhöhen. Auch Frankreich kündigte an, es nehme sich das Recht, überall dort in Afrika militärisch zu intervenieren, wo sich französische
Bürger aufhielten und seine Interessen gefährdet seien. Die NATO verstärkt ihre Positionen am Roten Meer und an der somalischen Küste.
Während wieder einmal Unordnung und Unruhen aufgrund äußerer Einmischungen Afrika seiner Lebensgrundlagen berauben, wartet Israel in aller Seelenruhe im Hintergrund. Tel Aviv ist tief in den neuen Unruhezyklus verwickelt, der in enger inhaltlicher und strategischer Beziehung zum sogenannten »Yinon-Plan« steht, der die strategische Neugestaltung der Umgebung Israels vorsieht. Dieser Prozess der Neugestaltung gründet sich auf erprobte Techniken sozialer Manipulation, mit deren Hilfe konfessionelle Spaltungen in bestimmten Zielstaaten erzeugt werden, die diese dann wirksam neutralisieren oder sogar zu ihrer Auflösung führen.
Viele der Probleme, die zahlreichen Regionen in Osteuropa, Zentralasien, Südwestasien, Südasien, Ostasien, Afrika und Lateinamerika heute zu schaffen machen, sind das Ergebnis sozialer Manipulationen, mit deren Hilfe von ausländischen Mächten bewusst regionale Spannungen geschürt wurden. Konfessionelle Spaltungen, ethno-linguistische Spannungen, religiöse Differenzen und innere Gewalt wurden immer wieder in der Geschichte von den USA, England und Frankreich in verschiedenen Teilen der Welt geschürt und ausgenutzt. Der Irak, der Sudan, Ruanda und Jugoslawien sind nur einige wenige aktuellere Beispiele für diese klassische Strategie des »Teile und herrsche«, die dazu benutzt wird, ganze Nationen in die Knie zu zwingen.
Die Umbrüche in Mittel- und Osteuropa und das Projekt für einen »neuen Nahen Osten«
Der Nahe und Mittlere Osten weist in gewisser Hinsicht überraschende Parallelen zum Balkan und Mittelosteuropa in den Jahren kurz vor dem Ersten Weltkrieg auf. Als Folge des Ersten Weltkriegs wurden die Grenzen der Vielvölkerstaaten auf dem Balkan und Mittelosteuropas von externen Mächten in Zusammenarbeit mit lokalen Oppositionsgruppen neu gezeichnet und umgestaltet. Vom Ersten Weltkrieg bis zur Zeit nach Ende des Kalten Krieges erlebten der Balkan und Mittelosteuropa zahlreiche Perioden von Umstürzen, Gewalt und Konflikten, die die Region bis heute tief gespalten haben.
Seit Jahren wird von einigen ein »neuer Naher Osten« mit veränderten Grenzen in dieser Weltregion, wo Europa, Südwestasien und Nordafrika zusammentreffen, gefordert. Die Befürworter dieser Veränderungen sitzen zumeist in den Hauptstädten Washington, London, Paris und Tel Aviv. Sie stellen sich eine »neugestaltete« Region vor, die aus homogenen ethnisch-religiösen Staaten aufgebaut ist. Die Bildung dieser Staaten bedeutet die Zerstörung der größeren bereits existierenden Länder der Region. Der Übergang soll in Richtung des Aufbaus kleinerer Staaten erfolgen, die von ihrer Größe und Struktur mit Kuwait oder Bahrain vergleichbar wären und die leicht von den USA, England, Frankreich, Israel und deren Verbündeten kontrolliert und manipuliert werden könnten.
Die Manipulation des ersten »arabischen Frühlings« während des Ersten Weltkriegs
Die ersten Pläne für eine Umgestaltung des Nahen und Mittleren Ostens wurden bereits Jahre vor dem Ersten Weltkrieg geschmiedet. Aber während dieses Ersten Weltkriegs wurden die Umrisse dieser von kolonialem Denken geprägten Entwürfe umgesetzt, wie sich am Beispiel der »großen arabischen Revolte« gegen das Osmanische Reich zeigen lässt.
Obwohl Briten, Franzosen und Italiener als Kolonialmächte in Ländern wie Algerien, Libyen, Ägypten und dem Sudan den Arabern jegliche Freiheiten verwehrten, gelang es ihnen, sich in der Außenwahrnehmung als Freunde und Verbündete der »arabischen Befreiung« (1916–1919) zu präsentieren.
Im Verlauf der »großen arabischen Revolte« benutzten Engländer und Franzosen die Araber als Fußsoldaten gegen das Osmanische Reich, um ihre eigenen geopolitischen Ziele durchzusetzen. Das geheime Sykes-Picot-Abkommen (vom 16. Mai 1916, in dem London und Paris den Nahen Osten nach der Zerschlagung des Osmanischen Reiches unter sich aufteilten) ist ein klassisches Beispiel dieser Politik. Frankreich und England gelang es, die Araber zu benutzen und zu manipulieren, indem sie ihnen die »Befreiung vom Joch« des Osmanischen Reiches vorgaukelten.
In Wirklichkeit war das Osmanische Reich ein Vielvölkerstaat, der seinen unterschiedlichen Bevölkerungen lokale und kulturelle Autonomie einräumte, aber dann dazu manipuliert wurde, sich in Richtung eines nationalistisch ausgerichteten türkischen Einheitsstaats zu entwickeln. Selbst der Völkermord an den Armeniern, der im osmanischen Anatolien [während des Ersten Weltkriegs unter der jungtürkischen Regierung] erfolgte, muss in den gleichen Zusammenhang wie die Verfolgung der Christen im Irak gestellt und analysiert werden, nämlich als Teil einer konfessionellen Hysterie, die von äußeren Mächten entfacht wurde, um das Osmanische Reich, Anatolien und die Bevölkerung des Osmanischen Reiches zu spalten und gegeneinander aufzuhetzen.
Nach dem Zusammenbruch des Osmanischen Reiches waren es dann London und Paris, die den Arabern die Freiheit verweigerten und gleichzeitig Zwietracht unter den verschiedenen arabischen Völkern säten. Lokale korrupte arabische Herrscher waren auch an diesen Machenschaften beteiligt, und viele von ihnen schätzten sich glücklich, Vasallen Englands und Frankreichs zu werden. Im gleichen Sinne wird der »arabische Frühling« auch heute manipuliert. Die USA, England, Frankreich und andere sind dabei, mit Hilfe korrupter arabischer Führer und Handlanger, die arabische Welt und Afrika neu zu strukturieren.
Der Yinon-Plan
Der Yinon-Plan ist ein israelischer Strategieplan zur Garantie der israelischen Überlegenheit und stellt insofern eine Fortsetzung der britischen strategischen Zielplanung dar. Er fordert und drängt darauf, dass Israel seine geopolitische Umgebung über eine Balkanisierung des Nahen und Mittleren Ostens und der arabischen Staaten in kleinere und schwächere staatliche Gebilde umgestalten müsse.
Israelische Strategieexperten sahen den Irak als die größte strategische Herausforderung seitens eines arabischen Staates an. Aus diesem Grunde stand der Irak im Zentrum der Balkanisierung des Nahen und Mittleren Ostens und der arabischen Welt. Auf der Grundlage der Konzepte des Yinon-Plans haben israelische Strategen die Aufteilung des Irak in einen kurdischen Staat und zwei arabische – einen schiitischen und einen sunnitischen – Staaten gefordert. Den ersten Schritt zur Umsetzung dieser Pläne bildete der Krieg zwischen dem Irak und dem Iran, der schon im Yinon-Plan [dieses Strategiepapier wurde nach seinem Verfasser Oded Yinon, einem hochrangigen Mitarbeiter des israelischen Außenministeriums, der es 1982 veröffentlichte, benannt] erörtert worden war.
Die Zeitschrift The Atlantic und das amerikanische Armed Forces Journal veröffentlichten beide 2006 weitverbreitete Karten, die sich an den Konzepten des Yinon-Plans orientierten. Neben einem dreigeteilten Irak, den auch der sogenannte »Biden-Plan« des heutigen amerikanischen Vizepräsidenten Joe Biden vorsah, setzte sich der Yinon-Plan auch für eine Aufteilung des Libanon, Ägyptens und Syriens ein. Auch die Zersplitterung des Iran, der Türkei, Somalias und Pakistans passt in das Konzept dieser Politik. Darüber hinaus befürwortet der Yinon-Plan eine Auflösung [der existierenden staatlichen Strukturen] Nordafrikas, die, so prognostiziert er, von Ägypten ausgehen und dann auf den Sudan, Libyen und den Rest der Region übergreifen werde.
Die Auslöschung der christlichen Gemeinden des Nahen und Mittleren Ostens
Es ist keineswegs ein Zufall, dass die ägyptischen koptischen Christen vor den Unruhen in Libyen und gleichzeitig mit dem Referendum im Sudan Ziel von Angriffen wurden. Und ebenso wenig ist es Zufall, dass die irakischen Christen, die zu den ältesten Gemeinden der Welt gehören, ins Exil gezwungen wurden und ihre angestammte Heimat im Irak verlassen mussten. Zeitgleich zum Exodus der irakischen Christen, der sich unter den wachsamen Augen der amerikanischen und britischen Soldaten vollzog, wurden diese Viertel in Bagdad von Moslems übernommen, wobei man die schiitischen und sunnitischen Gruppen mit Gewalt und unter Einsatz von Todeskommandos zwang, sich nicht zu mischen, sondern jeweils nach Zugehörigkeit getrennte Enklaven zu bilden. Auch diese Vorgehensweise steht mit dem Yinon-Plan und der Umgestaltung der Region als Teil einer umfassenden Strategie im Zusammenhang.
Im Iran versuchten die Israelis vergeblich, die iranische jüdische Gemeinschaft zum Verlassen des Landes zu bewegen. Die jüdische Bevölkerung des Iran ist die zweitgrößte im Mittleren Osten und sie ist wohl die älteste jüdische Gemeinschaft der Welt mit ungebrochener Tradition. Die iranischen Juden sehen sich wie ihre moslemischen und christlichen Mitbürger als Iraner mit einer engen Bindung an ihre Heimat. Die Vorstellung, sie müssten jetzt nach Israel umsiedeln, nur weil sie Juden sind, erscheint ihnen absurd.
Im Libanon versuchte Israel konfessionelle Spannungen zwischen den verschiedenen christlichen und moslemischen Gruppen sowie den Drusen zu schüren. Der Libanon ist das Sprungbrett nach Syrien, und seine Aufteilung in verschiedene Staaten wird als Mittel gesehen, auch in Syrien eine Aufsplitterung in kleinere konfessionell organisierte arabische Staaten herbeizuführen. Hinter dem Yinon-Plan steht die Absicht, den Libanon und Syrien entlang religiöser und konfessioneller Identitäten von sunnitischen und schiitischen Moslems, Christen und Drusen in verschiedene Staaten aufzuteilen. Denkbar ist auch das Ziel, auf einen Auszug der Christen aus Syrien hinzuarbeiten.
Patriarch Béchara Boutros Raï, seit 2011 neues Oberhaupt der Maronitisch-Syrischen Kirche von Antiochien, der größten autonomen mit Rom unierten Kirche des Orients, erklärte vor Kurzem, er befürchte Säuberungsaktionen gegen arabische Christen in der Levante und dem Nahen und Mittleren Osten. Der Patriarch und viele andere christliche Führer im Libanon und in Syrien fürchten eine Machtübernahme der Moslembruderschaft in Syrien. Ähnlich wie im Irak kommt es nun zu Übergriffen seitens mysteriöser Gruppen auf christliche Gemeinden in Syrien. Die Führer der orthodoxen Kirchen, einschließlich des Patriarchen von Jerusalem, haben ebenfalls öffentlich ihrer tiefen Sorge Ausdruck verliehen. Neben den christlichen Arabern werden diese Befürchtungen auch von assyrischen und armenischen Gemeinden, die in der Mehrzahl christlichen Glaubens sind, geteilt.
Patriarch Raï hielt sich vor Kurzem zu einem Besuch in Frankreich auf, wo er auch mit Staatspräsident Nicolas Sarkozy zusammentraf. Berichten zufolge kam es hinsichtlich Syriens zu Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Patriarchen und Sarkozy, die Sarkozy zu der Bemerkung veranlassten, das syrische Regime werde zusammenbrechen. Nach Auffassung von Patriarch Raï sollte man sich nicht in die inneren Angelegenheiten Syriens einmischen, sondern Reformen zulassen. Der maronitische Würdenträger wies Sarkozy zudem daraufhin, dass Israel als Bedrohung angesehen werden müsse, wenn Frankreich zu Recht wolle, dass sich die Hisbollah entwaffnen lasse. [Die Hisbollah hatte sich oft ihrer von der UN geforderten Entwaffnung mit dem Argument widersetzt, dass der Grund für den Aufbau der Hisbollah, nämlich die israelische Besatzung, noch nicht aufgehoben sei.]
Seine Äußerungen in Frankreich brachten Raï den umgehenden Dank führender christlicher und moslemischer Vertreter in der Syrischen Arabischen Republik ein, mit denen er im Libanon zusammentraf. Die Hisbollah und ihre politischen Verbündeten im Libanon, zu denen die meisten christlichen Abgeordneten des libanesischen Parlaments gehören, begrüßten ebenfalls die Äußerungen des Patriarchen, der später zu einer Rundreise durch den südlichen Libanon aufbrach.
Wegen seiner Haltung gegenüber der Hisbollah und seiner Weigerung, sich dem Chor derjenigen anzuschließen, die den Sturz des syrischen Regimes fordern, wurde Patriarch Raï von den Allianz des 14. März, einer Parteienkoalition unter Führung von Saad al-Hariri, scharf kritisiert. Saad Hariri plant derzeit eine Konferenz christlicher Persönlichkeiten als Gegenpol zu Patriarch Raï und der Haltung der maronitischen Kirche. Nachdem Raï seine Position deutlich gemacht hatte, begann auch die Tahrir-Partei, die sowohl im Libanon als auch in Syrien aktiv ist, ihn zu kritisieren. Berichten zufolge haben hochrangige Vertreter der amerikanischen Regierung als Zeichen ihrer Verstimmung über seine Äußerungen zur Hisbollah und zu Syrien ihr geplantes Treffen mit dem maronitischen Patriarchen abgesagt.
Die von Hariri geführte Allianz des 14. März, die eigentlich immer eine populäre Minderheit darstellt, (auch wenn sie die größte Fraktion im Parlament stellt), arbeitet mit den USA, Israel, Saudi-Arabien, Jordanien und den Gruppen in Syrien, die dort Gewalt und Terror einsetzen, eng zusammen. Die Moslembruderschaft und andere sogenannte salafistische Gruppen aus Syrien haben Geheimgespräche mit Hariri und den christlichen politischen Parteien in der Allianz des 14. März geführt. Und hier ist auch der Grund für die Angriffe Hariris und seiner Allianz auf Patriarch Raï zu suchen. Es waren auch Hariri und seine Allianz, die die terroristische Untergrundorganisation Fatah Al-Islam (»Sieg des Islam«) in den Libanon brachten und nun einigen ihrer inhaftierten Mitglieder dabei halfen, zu entkommen und als Kämpfer nach Syrien zu ziehen.
Washington, Tel Aviv und Brüssel wollen einen Exodus der Christen aus dem Nahen und Mittleren Osten erreichen. Berichten zufolge soll Sarkozy Patriarch Raï in Paris erklärt haben, die christlichen Gemeinden der Levante und des Nahen und Mittleren Ostens könnten sich in der Europäischen Union ansiedeln. Das ist alles andere als ein großherziger Vorschlag. Es ist geradezu eine Ohrfeige der gleichen Mächte, die bewusst die Rahmenbedingungen geschaffen haben, die nun zu einer Auslöschung oder der Vertreibung der seit der Antike im Nahen und Mittleren Osten lebenden christlichen Gemeinden führen könnten. Hinter diesen Umsiedlungsplänen für die christlichen Gemeinden steht scheinbar die Absicht, die arabischen Nationen auf diesem Wege zu ausschließlich moslemischen Ländern zu machen. Auch dies steht im Einklang mit dem Yinon-Plan.
Die Neuaufteilung Afrikas: Der Yinon-Plan ist immer noch aktuell und wird umgesetzt …
Im gleichen Zusammenhang wie die konfessionelle Aufteilung des Nahen und Mittleren Ostens haben die Israelis auch Pläne zur Neugestaltung Afrikas auf der Grundlage dreier Kriterien entwickelt: (1) ethno-linguistische Kriterien; (2) Hautfarbe; und (3) Religion.
Offenbar denkt man an eine Teilung Afrikas in einen sogenannten »schwarzafrikanischen« und einen »nichtschwarzafrikanischen« nördlichen Teil. Dies entspräche im Groben einer Aufteilung Afrikas in »Schwarze« und »Araber«. Es geht hier um den bereits laufenden Versuch, die Entstehung einer gemeinsamen arabisch-afrikanischen Identität zu verhindern.
Dieses Fernziel steht auch hinter dem absurden Identitätskonflikt eines »afrikanischen« Südsudan und eines »arabischen« nördlichen Sudan, der immer wieder beschworen und geschürt wird. Aus diesem Grunde wurden auch schwarze Libyer zum Ziele einer »farbigen Säuberung«. Die arabische Identität in Nordafrika wird von ihrer afrikanischen Identität abgeschnitten. Gleichzeit versucht man die zahlenmäßig umfangreiche Gruppe »schwarzer Araber« auszurotten, sodass man eine klare Trennungslinie zwischen »Schwarzafrika« und einem neuen »Nichtschwarzafrika« im Norden ziehen kann, das dann aber Schauplatz von Kämpfen zwischen den verbleibenden »nichtschwarzen« Berbern und den Arabern werden würde.
Im gleichen Zusammenhang werden Spannungen zwischen Moslems und Christen in Afrika etwa im Sudan und Nigeria geschürt, um weitere Risse und Spannungen (und somit weitere »Sollbruchstellen« für Konflikte) zu erzeugen. Indem man diese Spannungen und das Trennende auf der Grundlage von Hautfarbe, Religion, ethnischer Zugehörigkeit und Sprache fördert und schürt, sollen Zwietracht und Uneinigkeit in Afrika als Teil einer umfassenden Strategie gesät werden, mit der man Nordafrika vom Rest des Kontinents abspalten will.
Israel und der afrikanische Kontinent
Die Israelis sind seit vielen Jahren in aller Stille auf dem afrikanischen Kontinent aktiv. In der Westsahara, die von Marokko besetzt ist, halfen sie bei der Errichtung einer Trennmauer, wie sie von ihnen bereits im israelisch besetzten Westjordanland errichtet worden war. Im Sudan bewaffnete Tel Aviv separatistische Bewegungen und Aufständische, und in Südafrika unterstützten die Israelis das Apartheidregime und dessen Besetzung Namibias. Im Jahr 2009 erklärte das israelische Außenministerium, man werde sich jetzt wieder intensiv mit Afrika auseinandersetzen. Zwei Ziele stehen in Afrika dabei für Israel im Vordergrund: die Umsetzung des Yinon-Plans im Einklang mit seinen eigenen Interessen, und zweitens will man den USA dabei helfen, die Hegemonialmacht in Afrika zu werden. Vor diesem Hintergrund setzten sich die Israelis auch für den Aufbau von AFRICOM ein. Das Institut für fortgeschrittene strategische und politische Studien (IASPA), eine wichtige israelische Denkfabrik, ist ein Beispiel für diese Politik.
Washington hat teilweise auch nachrichtendienstliche Tätigkeiten in Afrika an Israel »ausgelagert«. So ist Tel Aviv als eine Partei in einer umfassenden und tiefgreifenden Auseinandersetzung nicht nur »in« Afrika, sondern »um« Afrika beteiligt. In diesem »Krieg« arbeitet Tel Aviv Hand in Hand mit Washington und der EU gegen China und dessen Verbündete zusammen, zu denen auch der Iran gehört.
Teheran arbeitet dabei auf ähnliche Weise eng mit China wie auf der anderen Seite Tel Aviv mit Washington zusammen. Der Iran unterstützt die Chinesen in Afrika über seine Verbindungen und Beziehungen. Dazu zählt auch die enge Verbundenheit Teherans mit privaten libanesischen und syrischen Wirtschaftsinteressen in Afrika. So hat sich neben der übergeordneten Rivalität zwischen Washington und Beijing auch eine Konkurrenz zwischen Israel und dem Iran in Afrika entwickelt. [1] Der Sudan ist aufgrund der iranischen Unterstützung in der Waffenherstellung der drittgrößte afrikanische Waffenproduzent. Und während der Iran Khartum militärisch unterstützt, wie sich auch in verschiedenen Vereinbarungen zur militärischen Zusammenarbeit ausdrückt, ist Israel seinerseits an verschiedenen Aktionen gegen den Sudan beteiligt. [2]
Israel und Libyen
Libyen wurde als »Störenfried« gesehen, weil es die Interessen der früheren Kolonialmächte in Afrika behinderte. In diesem Zusammenhang hatte Libyen zahlreiche panafrikanische Entwicklungsinitiativen ergriffen, die auf eine Industrialisierung Afrikas abzielten und den Kontinent an eine integrierte und durchsetzungsfähige politische Einheit heranführen sollten. Diese Initiativen widersprachen den Interessen auswärtiger Mächte, die miteinander in Bezug auf Afrika in Konkurrenz standen. Vor allem aber für Washington und die größeren EU-Staaten war diese Politik inakzeptabel. Aus Sicht dieser Mächte musste Libyen zerschlagen und neutralisiert und damit die Möglichkeit genommen werden, Motor des afrikanischen Fortschritts und panafrikanischer Einheitsbestrebungen zu sein.
Israel und der israelischen Lobby kam eine entscheidende Rolle dabei zu, dem Vorwand für ein militärisches Eingreifen der NATO in Libyen den Boden zu bereiten. Israelischen Quellen zufolge sorgte die Nichtregierungsorganisation U.N.Watch dafür, dass Libyen aus dem UN-Menschenrechtsrat in Genf ausgeschlossen wurde, und forderte den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen zum Eingreifen auf. [3] U.N.Watch wurde 1993 vom American Jewish Committee (AJC) gegründet. Das AJC hat erheblichen Einfluss auf die amerikanische Außenpolitik und gehört zur israelischen Lobby in den USA. Und die International Federation for Human Rights (FIDH), die daran beteiligt war, die unbestätigten Beschuldigungen über 6.000 Menschen, die von Gaddafi abgeschlachtet worden sein sollen, zu verbreiten, hängt mit der israelischen Lobby in Frankreich zusammen.
Tel Aviv stand gleichzeitig mit dem Nationalen Übergangsrat und der Regierung in Tripolis in Verbindung. Mossad-Agenten, darunter der frühere Stationschef, hielten sich in Tripolis auf, während gleichzeitig französische Mitglieder der israelischen Lobby Bengasi besuchten. In einer witzigen, aber wohl unbeabsichtigten Ironie behauptete der Übergangsrat später, Oberst Gaddafi arbeite mit Israel zusammen, während der Rat gegenüber dem Sonderberater des französischen Präsidenten Sarkozy, Bernhard-Henri Lévy, versprach, Israel anzuerkennen. Lévy informierte dann führende israelische Politiker über dieses Angebot. [4] Ein ähnliches Muster der Vorgehensweise (wie im Falle der israelischen Verbindungen zum libyschen Übergangsrat) zeigt sich zuvor auch im Südsudan, der von Israel mit Waffen versorgt wurde.
Trotz der Offerte des Nationalen Übergangsrates an Israel versuchen die Anhänger des TNC, Gaddafi immer noch mit der Behauptung zu diskreditieren, er sei eigentlich Jude – dies ist nicht nur falsch, sondern zugleich bigott. Diese Vorwürfe sollten zu einer Art Rufmord führen, als ob die Tatsache, Jude zu sein, etwas Negatives darstelle.
In Wirklichkeit gehören Israel und die NATO zum gleichen Lager. Israel ist praktisch NATO-Mitglied. Hätte Gaddafi mit Israel zusammen intrigiert, während der Übergangsrat mit der NATO zusammenarbeitet, hätte dies bedeutet, dass beide Seiten gegeneinander ausgespielt worden wären.
Das geopolitische Schachbrett wird für den »Kampf der Kulturen« vorbereitet
Alle Einzelteile müssen jetzt noch zusammengefügt und die Zusammenhänge hergestellt werden.
Das geopolitische Schachbrett wird für einen »Kampf der Kulturen« vorbereitet, und alle Figuren werden auf dem Schachbrett in Stellung gebracht.
Die arabische Welt befindet sich in einem Prozess der Absperrung, und es werden klar umrissene Abgrenzungslinien geschaffen. Diese Trennungslinien sollen die nahtlosen Übergänge zwischen unterschiedlichen ethno-linguistischen Hautfarben und Religionen und religiösen Gruppierungen ersetzen.
Nach diesem Konzept soll es keine gleitenden Übergänge zwischen Gesellschaften und Ländern mehr geben. Aus diesem Grund sind die Christen im Nahen und Mittleren Osten sowie in Nordafrika, wie etwa die Kopten, jetzt in die Schusslinie geraten. Und aus dem gleichen Grund sehen sich schwarzhäutige Araber und schwarzhäutige Berber sowie andere nordafrikanische Bevölkerungsgruppen der Gefahr eines Völkermordes in Nordafrika gegenüber.
Dahinter steht das Ziel, einen ausschließlich »moslemischen Nahen und Mittleren Osten« (mit Ausnahme Israels) zu errichten, der in innere Streitigkeiten zwischen Schiiten und Sunniten verstrickt ist. Ein ähnliches Szenario ist für die Region eines »nichtschwarzen Nordafrikas« vorgesehen, die von Streitigkeiten zwischen Arabern und Berbern gekennzeichnet wäre. Parallel dazu sollen der Nahe und Mittlere Osten sowie Nordafrika gleichzeitig in einem Zustand konfliktträchtiger Spannung mit dem sogenannten »Westen« und »Schwarzafrika« gehalten werden.
Deshalb erklärten Nicolas Sarkozy in Frankreich und der Premierminister David Cameron in England unmittelbar nacheinander in der Anfangsphase des Konfliktes in Libyen, die Zeit des Multikulturalismus in ihren jeweiligen westeuropäischen Gesellschaften gehe zuende. [5]
Wirklicher Multikulturalismus stellt die Legitimität der Kriegsagenda der NATO in Frage und behindert die Umsetzung des Konzeptes des »Kampfes der Kulturen«, das den Eckpfeiler amerikanischer Außenpolitik bildet. Der frühere amerikanische nationale Sicherheitsberater Zbigniew Brzezinski erläutert, warum Multikulturalismus in Washington und seinen Verbündeten als Bedrohung gesehen wird: »In dem Maße, in dem Amerika zunehmend multikultureller wurde, wuchsen die Schwierigkeiten, in politischen Fragen einen Konsens zu finden [z. B. Krieg mit der arabischen Welt, China, dem Iran, oder Russland und der früheren Sowjetunion]; eine Ausnahme bildete nur eine wirklich massive und allgemein anerkannte direkte Bedrohung von außen. Ein solcher Konsens existierte im Zweiten Weltkrieg und selbst während des Kalten Krieges [und existiert heute aufgrund des »weltweiten Krieges gegen den Terror«].« [6] Brzezinskis nächster Satz betrifft das Kriterium, aufgrund dessen Bevölkerungen Kriege unterstützen oder sich ihnen widersetzen würden: »[Der Konsens] gründete sich aber nicht nur darin, dass man tiefempfundene gemeinsame Werte teilte, die nach Ansicht der Öffentlichkeit bedroht seien, sondern auch in einer kulturellen und ethnischen Wesensverwandtschaft mit den vorwiegend europäischen Opfern eines feindlichen Totalitarismus.« [7]
Auch wenn es vielleicht den Eindruck einer Litanei erweckt, sollte noch einmal darauf hingewiesen werden, dass diese genau der Absicht entspricht, die kulturellen Affinitäten zwischen der Region des Nahen und Mittleren Ostens sowie Nordafrikas (MENA) und der sogenannten »westlichen Welt« und dem Afrika südlich der Sahara aufzubrechen, und der Grund dafür ist, dass gegen Christen und Menschen mit schwarzer Hautfarbe vorgegangen wird.
Ethnozentrismus und Ideologie: die heutige Rechtfertigung von »gerechten Kriegen«
In der Vergangenheit haben die westeuropäischen Kolonialmächte ihre Völker indoktriniert, um auf diese Weise die Unterstützung der Öffentlichkeit für ihre kolonialen Eroberungen zu gewinnen. Dazu verbreitete man den christlichen Glauben und förderte christliche Werte mit Unterstützung bewaffneter Händler und von Kolonialarmeen.
Gleichzeitig wurden rassistische Ideologien entwickelt. Die Menschen, deren Land man kolonialisierte, wurden als »Untermenschen«, als unterlegen oder seelenlos bezeichnet. Schließlich wurde sogar das Bild bemüht, der »weiße Mann« müsse »die Bürde schultern« [eine Anspielung auf das Gedicht The White Man’s Burden von Rudyard Kipling] und die Aufgabe übernehmen, die sogenannten »unzivilisierten Völker der Welt« zu zivilisieren. Dieser geschlossene ideologische Rahmen stellte »Kolonialismus« als eine »gerechte Sache« dar. Und Letzteres wurde dann im Gegenzug als Rechtfertigung herangezogen, »gerechte Kriege« als Mittel zur Eroberung und »Zivilisierung« fremden Bodens zu führen.
Die heutigen imperialistischen Vorstellungen der USA, Englands, Frankreichs und Deutschlands haben sich demgegenüber kaum verändert. Lediglich die Vorwände und Rechtfertigungen der neokolonialen Kriege sind andere geworden. In der Kolonialzeit wurden die Darstellungen und Rechtfertigungen der Kriege von der öffentlichen Meinung in den Kolonialmächten wie England und Frankreich geteilt. Die heutigen »gerechten Kriege« und »gerechten Anliegen« werden unter dem Banner von Frauenrechten, Menschenrechten, humanitären Grundsätzen und Demokratie geführt.
Mahdi Darius Nazemroaya ist ein unabhängiger Schriftsteller aus Ottawa (Kanada), der sich auf den Nahen Osten und Zentralasien spezialisiert hat. Er ist wissenschaftlicher Mitarbeiter des Centre for Research on Globalization (CRG).
Dieser Artikel erschien unter dem Titel: Israel and Libya: Preparing Africa for the “Clash of Civilizations”
Quelle: Global Research, Centre for Research on Globalization (CRG) vom 11.10.2011
Anmerkungen
[1] Israel and Iran in Africa: »A search for allies in a hostile world«, in The Economist , 4. Februar 2011.
[2] Ebenda.
[3] Tova Lazaroff, »70 rights groups call on UN to condemn Tripoli«, in Jerusalem Post, 22. Februar 2011.
[4] »Libyan rebels will recognise Israel, Bernard-Henri Lévy tells Netanyahu«, in: Radio France Internationale, 2. Juni 2011.
[5] Robert Marquand, »Why Europe is turning away from multiculturalism«, in: Christian Science Monitor, 4. März 2011.
[6] Zbigniew Brzezinski, The Grand Chessboard: American Primacy and Its Geostrategic Imperatives, New York, 1997, S. 211 (in deutscher Sprache 1997 unter dem Titel Die einzige Weltmacht: Amerikas Strategie der Vorherrschaft erschienen)
[7] Ebenda.
[*] Dieser Begriff bezieht sich auf das Buch Clash of Civiliations and the Remaking of World Order von Samuel Huntington, das 1996 erschien und zwei Jahre später unter dem Titel Kampf der Kulturen. Die Neugestaltung der Weltpolitik im 21. Jahrhundert auch in deutscher Sprache erschien. Der Begriff Clash im englischen Original könnte auch mit Zusammenprall übersetzt werden.