„Friede oder Atomkrieg“. Albert Schweitzers „Appell an die Menschheit“ damals und heute
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Der deutsch-französische Friedensnobelpreisträger, Pazifist und „Urwaldarzt“ Albert Schweitzer war einer der bedeutendsten Denker des 20. Jahrhunderts. Sein philosophisches Denken ging davon aus, dass sich Menschen beim Nachdenken über sich selbst und ihre Grenzen wechselseitig als Brüder erkennen, die über sich selbst und ihre Grenzen nachdenken. Im Zuge des Zivilisationsprozesses würde die Solidarität, die ursprünglich nur auf den eigenen Stamm bezogen war, nach und nach auf alle, auch unbekannte Menschen übertragen. In den 1950er-Jahren war Schweitzers Lehre der „Ehrfurcht vor dem Leben“ eine moralische Instanz, ein Leitbild im Kampf gegen die atomare Bewaffnung der Völker.
Image on the right: Albert Schweitzer (Licensed under CC BY-SA 3.0 de)
Doch das allgemeine Bewusstsein des einzelnen und der Völker fand bis heute keine Antwort auf die „Kain-Frage“ aus der biblischen Urgeschichte: „Bin ich der Hüter meines Bruders? Wieder bedroht uns die Katastrophe eines Atomkriegs wie zu Albert Schweitzers Zeiten vor nahezu 70 Jahren. Deshalb hat sein „Appell an die Menschheit“ – nachzulesen in der Schriftensammlung „Friede oder Atomkrieg“ (1) – nichts von seiner Aktualität eingebüßt.
Bertha von Suttner: „Die Waffen nieder!“
Noch nie konnten Probleme der Völker durch die Methode der Gewalt, den Krieg gelöst werden. Das ist heute nicht anders als in der bisherigen Menschheitsgeschichte. Der Rückfall in den Krieg ist ein Rückfall in die Barbarei, der sich auf allen Gebieten des gesellschaftlichen Lebens bemerkbar macht: er verursacht im Leben des Einzelnen wie der Völker unsägliches Leiden. Die täglichen TV-Bilder über den Krieg in der Ukraine gewähren uns einen nachhaltigen Eindruck dieses Leidens.
Die heutigen Kriege sind nicht mehr verantwortbar, sie sind obsolet geworden. Schon der Erste Weltkrieg war kein konventioneller Krieg mehr, er war Genozid, Völkermord, Volksmord. Uns seither sind die illegalen Angriffskriege noch mörderischer, hinterhältiger, flächendeckender, genozidaler geworden.
Für den österreichischen Kultur-Historiker Friedrich Heer sind diese Kriege Vorbereitungen zur „Endlösung der Menschheitsfrage“ oder wie Bertha von Suttner in ihrem Roman „Die Waffen nieder!“ prophezeit: „Der Untergang für alle“ (2). Dies trifft für einen allseits befürchteten Krieg mit Atomwaffen ganz sicher zu.
Mahatma Gandhi schrieb nach dem Erscheinen des Romans in einem Brief an Bertha von Suttner:
„Gott möge es so fügen, dass die Abschaffung des Krieges Ihrem Werke folge.“ (3)
Alfred Nobel ließ sich durch Bertha von Suttner in seinem Testament zur Stiftung des Friedensnobelpreises anregen (4).
Die Geschichte – ein Werk des Menschen
Wir wissen heute, dass der Krieg ein Verhängnis ist. Auch wissen wir, dass seine Ursache nicht in der „menschlichen Natur“, sondern in der Ungerechtigkeit und Unmenschlichkeit unserer Sozialordnung begründet ist. Dieser Umstand darf uns nicht vergessen lassen, dass die Geschichte ein Werk des Menschen ist und dass man den Menschen ändern muss, wenn man die Welt ändern will. Demgemäß sind Aufklärung und Erziehung die wichtigsten Maßnahmen, die gegen den Krieg ergriffen werden können.
Noch können wir nicht sagen, wann sich das Menschheitsgewissen, dessen Mahnruf durch die Jahrhunderte geht, endgültig Gehör verschaffen wird. Aber wir zweifeln nicht daran, dass an der Frage, ob sich die Menschen in weit höherem Maße als bis heute zur allmenschlichen Solidarität bekennen werden, der Bestand des Menschengeschlechtes hängt.
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Dr. Rudolf Lothar Hänsel ist Lehrer (Rektor a. D.), Doktor der Pädagogik (Dr. paed.) und Diplom-Psychologe (Schwerpunkte: Klinische-, Pädagogische- und Medien-Psychologie). Als Pensionär arbeitete er viele Jahre als Psychotherapeut in eigener Praxis. In seinen Büchern und pädagogisch-psychologischen Fachartikeln fordert er eine bewusste ethisch-moralische Werteerziehung und eine Erziehung zum Gemeinsinn und Frieden.
He is a regular contributor to Global Research.
Noten
[1] Schweitzer, A. (1984). Friede oder Atomkrieg. München
[2] Heer, F. In: Von Suttner, B. (1977). Die Waffen nieder! Einführung, S. VII
[3] a.O., S. XIV
[4] a. O.
Featured image is licensed under CC BY SA 2.0