EU-Hymne: „Alle Menschen werden Brüder“

Migranten aus armen Ländern nicht ablehnen oder bekämpfen, sondern gegen den Hunger und die Ungleichheit in der Welt aufstehen!

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Neues Denken und Handeln  

Als ich vor kurzem zusammen mit meiner Frau meine Wahlheimat verließ, um in einer Weltstadt der EU nach vielen Jahren geschätzte Freunde zu treffen, die Freundschaft mit ihnen zu pflegen und mich mit ihnen auszutauschen sowie meine Muttersprache wieder zu hören, fiel mir auf, dass ich auf der Straße statt der deutschen viel öfter die arabische und persische Sprache hörte und viele muslimisch gekleidete Frauen mit Kopftüchern sah. Da mir dieses ungewohnte Erlebnis ein wenig Unbehagen bereitete, dachte ich ernsthafter über dieses Problem nach und erinnerte mich gleichzeitig an den Text der Hymne der Europäischen Union, in der es in der ersten Strophe einer späteren Fassung heißt: „Alle Menschen werden Brüder“ (im Sinne von Brüderlichkeit) (1).

Wir sollten aufhören, die Migranten aus den armen Ländern des Südens, die zu Tausenden legal oder illegal in die Länder der Europäischen Union oder der USA strömen, argwöhnisch zu beäugen und sie auf die eine oder andere Art und Weise zu bekämpfen; wir sollten vielmehr gegen den gewollten Hunger und die zum Himmel schreiende Ungleichheit in der Welt vorgehen und uns offen zur Einheit des Menschengeschlechts bekennen.

„Freude, schöner Götterfunken“

Das Lobgedicht (Ode) an die Freude ist das berühmte Gedicht von Friedrich Schiller, das bereits 1785 entstand und von Ludwig van Beethoven im 4. Satz seiner 9. Sinfonie vertont wurde. Das Gedicht, das in seiner frühen Fassung aus 9 Strophen zu je 8 Versen bestand, beschreibt sehr emotional und feierlich das Ideal einer Gesellschaft gleichberechtigter Menschen, die durch das Band der Freude sowie der Freundschaft verbunden sind (2).

Da Schiller sein eigenes Werk kritisch betrachtete, änderte er den Text mehrfach: Die erste Strophe der 1808 posthum veröffentlichten Variante lautet gemäß Wikipedia (3):

„Freude, schöner Götterfunken,

Tochter aus Elisium,

Wir betreten feuertrunken,

Himmlische, dein Heiligthum.

Deine Zauber binden wieder,

Was die Mode streng getheilt,

Alle Menschen werden Brüder,

Wo dein sanfter Flügel weilt.“

Nachdem in der ersten Strophe der Kontext des Gedichts geschaffen wird, spricht die zweite Strophe vom „Großen Wurf“, der insbesondere darin besteht, „eines Freundes Freund zu seyn“ . Der soziale „Bund“ im Sinne von Gemeinschaftlichkeit und Freundschaft soll als Krönung des Lebens verstanden werden, das „Erdenrund“ als Bund aller Menschen (4).

Dass Ludwig van Beethoven seine 9. Sinfonie in einer Zeit der politischen Restauration im Jahr 1824 mit einem Chorgesang mit Schillers Text enden ließ, wurde von einem Zeitgenossen folgendermaßen bewertet – und erinnert an die heutige Zeit:

„Nach all dem politischen Wirrwarr und den Schrecknissen der Zeit, die auch Beethoven selbst erlebt hat, ist dieses Werk am Ende ein Appell, eine Sehnsucht nach Verbrüderung, nach Freude und Jubel, nach der Utopie eines Weltfriedens, nach einer Welt ohne Kriege und Zerstörung.“ (5)

Seit 1972 ist die Melodie die Hymne des Europarats, seine Instrumentalversion seit 1985 offizielle Hymne der Europäischen Union.

„Freiheit, schöner Götterfunken“

Zum Weihnachtsfest 1989 wurde Beethovens 9. Sinfonie im Ostberliner Konzerthaus unter der Leitung des berühmten US-amerikanischen Dirigenten, Komponisten und Pianisten Leonhard Bernstein mit dem geänderten Text „Freiheit, schöner Götterfunken“ aufgeführt. Der Grund war der Fall der Berliner Mauer einen Monat zuvor (6).

Die Länder und Staaten des globalen Südens schließen sich diesem geänderten Text sicherlich gerne an, ist die Freiheit doch ein hohes Gut, das es immer und überall zu verteidigen gilt.

Der US-Star-Ökonom Jeffrey Sachs sprach in einem Interview mit dem geopolitischen YouTube-Podcast „The Duran“ in diesem Zusammenhang laut „Russia Today DE“ vom 18. September 2023 vom Ende der US-Hegemonie als Teil eines natürlichen Zyklus‘. Sachs ging auf die beiden gegensätzlichen „Denkweisen“ ein, welche die Geopolitik prägen und sagte:

„Auf der einen Seite, unter Berufung auf Adam Smith, eine Haltung der Offenheit, von der alle Nationen nur profitieren können, auf der anderen Seite das Bestreben, andere unterzuordnen und die ‚Nummer eins‘ sein zu wollen. Die Vereinigten Staaten und Europa hätten in Bezug auf diesen letzten Punkt die Geschichte geschrieben. China hingegen habe in der Geschichte noch nie eine Bedrohung dargestellt. (…). Die ‚Tragödie‘ der Großmachtpolitik ist ein westliches Konzept – wir dürfen uns dieser Tragödie nicht ergeben.“ (7)

Lernen, uns zur Einheit des Menschengeschlechts zu bekennen

Für den Aufbau von Vertrauen zu den Mitmenschen – egal welcher Nationalität – sind die Informationen und kulturellen Werte, die Eltern und Erzieher täglich an das Kind herantragen, von entscheidender Bedeutung.

Das Menschenbild der christlich-abendländischen Kultur besagt, dass der Mensch – auch schon das kleine Kind – schlechte Eigenschaften in sich trägt. Mit dieser Information – sei sie bewusst oder unbewusst – treten die Erzieher in der Regel an das Kind heran. Dadurch bekommt das Kind Angst vor dem anderen Menschen. Wenn das Kind lernt, Angst zu haben, durchzieht das sein ganzes Tun und Handeln und wie es sich in der Gemeinschaft bewegt und gibt. Die Gefühlsreaktion der Angst wird dann ein Bestandteil seines Charakters, den es bis ins Erwachsenenalter mehr oder weniger bewusst in jede zwischenmenschliche Beziehung hineinträgt.

Es ist also entscheidend, welche Art von Informationen und welche kulturell vorherrschenden Werte sie an das Kind herantragen. Wird das Kind durch unwahre Informationen und/oder verwirrende Lügen verunsichert und getäuscht, wird es sich auch noch als erwachsener Mensch von allen Mitmenschen distanzieren.

Wir wissen heute noch nicht, wann das Menschheitsgewissen die sogenannte „absolute Wahrheit“ verkünden wird, wonach die Menschen zusammengehören und unter dem Gesetz stehen, zusammenzuwirken und einander die Hände zu reichen. Es besteht jedoch kein Zweifel, dass der Bestand des Menschengeschlechts davon abhängen wird, dass sich die Menschen zur allmenschlichen Solidarität bekennen.

Kulturelle Besonderheiten der verschiedeneen Nationen sollten weiterhin bestehen bleiben; sie werden eine immense Bereicherung sein.

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Dr. Rudolf Lothar Hänsel ist Schul-Rektor, Erziehungswissenschaftler und Diplom-Psychologe. Nach seinen Universitätsstudien wurde er wissenschaftlicher Lehrer in der Erwachsenenbildung. Als Pensionär arbeitete er als Psychotherapeut in eigener Praxis. In seinen Büchern und Fachartikeln fordert er eine bewusste ethisch-moralische Werteerziehung sowie eine Erziehung zu Gemeinsinn und Frieden. Für seine Verdienste um Serbien bekam er 2021 von den Universitäten Belgrad und Novi Sad den Republik-Preis „Kapitän Misa Anastasijevic“ verliehen.

Er schreibt regelmäßig für Global Research.   

Noten

  1. https://wikipedia.org/wiki/An_die_Freude
  2. a. O.
  3. a. O.
  4. a. O.
  5. a. O.
  6. a. O.
  7. https://de.rt.com/international/181178-us-oekonom-jeffrey-sachs-ende-500-jährigen-westlichen-hegemonie-unvermeidlich/

 


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Articles by: Dr. Rudolf Hänsel

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